Galina Ustvolʼskaja

*  17. Juni 1919

†  22. Dezember 2006

von Inna Klause

Essay

Bis zum Beginn der 1960er-Jahre komponierte Galina Ustvolʼskaja – wie nicht wenige Komponisten in der Sowjetunion – »zweigleisig«: Sie schuf einerseits Werke, die mindestens ihrem Sujet nach der sowjetischen Ideologie entsprachen, und komponierte andererseits vorerst für die Schublade, denn die Werke dieser zweiten Gruppe wurden mehrheitlich Jahre oder gar Jahrzehnte nach ihrer Entstehung aufgeführt und verlegt, was auf die Werke der erstgenannten Gruppe nicht zutrifft. Lediglich 25 ihrer etwa 40 Kompositionen nahm sie in ihren Ende der 1980er-Jahre erstellten Werkkatalog auf, der vermeintlich keine Auftragswerke enthält. (Die Auftragswerke, die sie komponiert hatte, hätte sie am liebsten ungeschehen machen wollen.) Da Ustvolʼskaja alles daran setzte, dass die von ihr verworfenen Stücke unbekannt bleiben und sie, wo es ging, vernichten ließ, ist es heute nicht einfach, sich ein Urteil über diese Stücke zu bilden. Jedoch ist es möglich, einige davon einzusehen, denn die im Druck erschienenen Ausgaben sind u.a. in der Russischen Staatsbibliothek in Moskau greifbar. In ein vollständiges Bild der Komponistin sollten diese Werke einbezogen werden.

Ein Kriterium Ustvolʼskajas für die Aufnahme in ihren Werkkatalog scheint die Fortschrittlichkeit der Musiksprache gewesen zu sein. Die frühen Suiten Pionerskaja sjuita [Pionier-Suite] ...